Es war ein gewöhnlicher Tag in unserer Birkenhof-WG für Menschen mit Demenz. Wie immer war ich von den Herausforderungen, die diese Arbeit mit sich bringt, umgeben. Die Bewohner, alle in verschiedenen Stadien der Demenz, hatten ihre guten und schlechten Tage. An diesem Tag war es besonders schwierig. Aggressionen und harte Worte flogen durch den Raum, und ich musste all meine Selbstdisziplin aufbringen, um ruhig zu bleiben.
Die Angehörigen standen wie so oft fassungslos daneben. Trotz ihrer fürsorglichen Bemühungen ernteten sie häufig Undank und Aggressionen. Sie verstanden nicht, was falsch lief. Ich versuchte ihnen zu erklären, dass man nicht mit Erwartungen oder Vorstellungen auf Menschen mit Demenz zugehen darf. Sie nickten und sagten: „Ja, natürlich, das will und tue ich“, doch im nächsten Moment schienen sie vergessen zu haben, was sie versprochen hatten.
Nicht der Mensch mit Demenz muss sich ändern – wir müssen es.
Oft höre ich sie sagen: „Aber er muss doch duschen; aber sie muss etwas essen …“ Sie haben zahlreiche Vorstellungen, sind jedoch nicht bereit, etwas bei sich selbst zu ändern. Stattdessen erwarteten sie, dass sich der Mensch mit Demenz ändert. Das aber kann er nicht.
Weil wir Angehörigen oft ungeduldig sind, tun wir Dinge und Handlungen – wie zum Beispiel die Schuhe zubinden –, die eigentlich die Selbstständigkeit eines Bewohners erhalten und ihm Selbstbewusstsein geben könnten.
Ich wünsche mir, Angehörige könnten mehr mit dem Herzen denken und weniger mit der Logik, die unser Leben bestimmt. Denn Menschen mit Demenz kommunizieren ab einem gewissen Punkt nur noch über Gefühle. Ihnen sind die Worte und logischen Gedanken abhandengekommen. Alles, was Gefühle weckt, ist dann wichtig – ob Musik, alte Fotos, der Nachtisch, der vielleicht an die glückliche Familie erinnert, oder ein Spiel, das Freude macht.
Also sage ich nichts und gebe keine Befehle oder Erklärungsversuche, die ohnehin nur gefühlten Widerstand auslösen. Auch hege ich innerlich – das ist ganz wichtig! – keine Erwartungen, sondern tue es einfach. Das ist sehr schwer, aber es ist das Natürlichste der Welt. Ich nehme die Mama unter den Arm, gehe mit ihr und einem fröhlichen Lied vom Wandersmann auf den Lippen in die Küche usw. – und in der Regel funktioniert das, weil kein Geschwätz daherkommt: „Du musst jetzt essen … blablabla.“ Und auch kein Widerstand oder Frust aufkommt. Dann ist für beide Seiten Frieden eingetreten.
Das war der Tag, an dem ich erkannte, dass dies die wahre Herzensgeschichte war, die es zu verstehen galt. Es war eine Lektion, die ich nie vergessen werde.